Warum macht man überhaupt Add-ons, und was sind die strategischen Überlegungen dahinter?
Peter: Guten Morgen, Raphael. Vielen Dank, dass du dir heute die Zeit nimmst, um über das spannende Thema Add-ons zu sprechen. Bei NITRADO seid ihr sehr erfolgreich unterwegs. Ihr habt zwei große US-Player in eurem Segment gekauft und kürzlich noch ein kleines Schweizer Unternehmen. Warum macht man überhaupt Add-ons, und was sind die strategischen Überlegungen dahinter? Was genau ist ein Add-on?
Raphael: Ein Add-on ist eine Firma, die bisher nicht in unserem Besitz war. Durch den Erwerb können wir von deren Fähigkeiten profitieren, die wir bisher nicht hatten. Wir machen das, weil es draußen Firmen gibt, die Dinge tun und oft besser tun als wir. Sie haben eine andere Marktdurchdringung in speziellen Märkten weltweit oder eine Spezialisierung, die wir nicht haben. Für uns ist es wichtig, diese Unternehmen hinzuzufügen, um strategische Opportunitäten besser nutzen zu können. Wir haben bereits zwei Unternehmen integriert und sind dabei, ein weiteres hinzuzufügen.
Was waren die Vorteile?
Peter: Du hast von strategischen Vorteilen gesprochen. Kannst du das an den Beispielen der beiden US-Player, APEX und MCP, konkretisieren? Was waren die Vorteile?
Raphael: NITRADO bietet über 100 Spiele auf privat gemieteten Game-Servern an und ist stolz darauf, in diesem Segment Weltmarktführer zu sein. Unser breites Angebot umfasst viele Spiele, die nahtlos auf unserer Plattform integriert sind, was unseren Kunden eine große Auswahl ermöglicht.
Die von uns gekauften Unternehmen, APEX Hosting und Minecraft Pro Hosting, sind auf Minecraft spezialisiert. Dieses Spiel gilt als eines der erfolgreichsten aller Zeiten und hat eine riesige Fangemeinde. Die Unternehmen entwickelten einzigartige Features und speziellen Service für die Minecraft-Community, was den Spielern ermöglichte, ihr Erlebnis individuell zu gestalten.
Ein weiterer Vorteil war ihr spezialisierter Kundenservice, der sich ausschließlich auf Minecraft konzentrierte. Diese Spezialisierung führte zu hoher Problemlösungskompetenz und Kundenzufriedenheit, was zu einer starken Marktdurchdringung in den USA führte. Trotz unserer globalen Marktführerschaft hatten wir in diesem Segment und Markt nicht dieselbe Durchdringung wie die beiden Unternehmen.
Durch die Integration konnten wir ihre Features und den spezialisierten Kundenservice übernehmen sowie unseren Marktzugang in einem der größten und wichtigsten Computerspielmärkte der Welt, den USA, erheblich stärken. Dies hat uns geholfen, unsere Marktposition zu festigen und unser Angebot für die Kunden zu verbessern.
Was waren die Herausforderungen, als ihr diese Unternehmen integriert habt?
Peter: Das klingt nach großen Vorteilen. Was waren die Herausforderungen, als ihr diese Unternehmen integriert habt?
Raphael: Jede Firma hat ihre eigene Kultur und sogar Subkulturen innerhalb der Abteilungen. Beim Zusammenschluss von drei Unternehmen stoßen wir auf viele unterschiedliche Arbeitsweisen und doppelte Funktionen, etwa im Marketing oder Kundenservice. Die Herausforderung besteht darin, diese redundanten Funktionen zu konsolidieren und Synergien zu heben, um die Effizienz zu steigern, ohne die Leistung zu beeinträchtigen.
Es ist wichtig, die Menschen mitzunehmen und ihnen ehrlich zu begegnen. Jeder weiß, dass Konsolidierungen unvermeidlich sind und Positionen gestrichen werden können. Daher müssen wir offen kommunizieren und die Vorteile der Integration klar darlegen.
Unsere Führungskräfte spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie ihre Teams motivieren und durch den Wandel führen müssen. Die große Herausforderung besteht darin, die Mitarbeitenden für den gemeinsamen Weg zu gewinnen, sie zu motivieren und sicherzustellen, dass sie die Vorteile der Verbindung verstehen und annehmen. Dies erfordert eine aufrichtige, transparente Kommunikation und die Fähigkeit, die Perspektiven aller Beteiligten glaubhaft darzustellen.
Wie habt ihr die Kommunikation und Integration durchgeführt?
Peter: Wie habt ihr konkret die Kommunikation und Integration durchgeführt?
Raphael: Es ist entscheidend, dass das Management der kaufenden Firma für die neuen Mitarbeitenden zugänglich ist. Das bedeutet, dass wir uns kontinuierlich und auf allen Ebenen präsentieren müssen, nicht nur sporadisch. Die neuen Mitarbeitenden müssen Vertrauen aufbauen können, daher ist Präsenz und Aufrichtigkeit wichtig. Wir haben uns intensiv Zeit genommen, um die Vorteile der Integration klar und glaubhaft darzulegen.
Wir haben verschiedene Maßnahmen ergriffen, um die Kommunikation zu verbessern. Eine davon war die Einführung regelmäßiger Town Halls, in denen wir alle Mitarbeitenden über den Stand der Integration informieren und ihre Fragen beantworten. Diese Meetings bieten eine Plattform für offenen Dialog, wo Mitarbeitende ihre Bedenken und Ängste äußern können.
Zusätzlich haben wir Formate wie Fireside Chats eingeführt, um eine persönliche Verbindung aufzubauen und die Zusammengehörigkeit zu stärken. Wir haben schnell sichtbare Zeichen der Integration gesetzt, etwa durch die Konsolidierung der Corporate Identities. So haben wir Logos, PowerPoint-Vorlagen und E-Mail-Templates vereinheitlicht, damit alle sehen können, dass sie jetzt Teil eines größeren Ganzen sind.
Ein wichtiger Punkt war, dass es keine Mitarbeitenden erster und zweiter Klasse gibt. Jeder ist gleichwertig und wird als Teil des großen Ganzen behandelt. Durch diese Maßnahmen und eine tiefe Ehrlichkeit in der Kommunikation konnten wir eine positive und konstruktive Atmosphäre schaffen, in der sich die neuen Mitarbeitenden willkommen und wertgeschätzt fühlen.
Wie hast du deine Führungsmannschaft auf diese Integration vorbereitet?
Peter: Wie hast du deine Führungsmannschaft auf diese Integration vorbereitet?
Raphael: Das Wichtigste war, unsere Führungskräfte für die emotionalen und psychologischen Bedürfnisse der neuen Mitarbeitenden zu sensibilisieren. Wir haben keine komplexen Schulungen veranstaltet, sondern auf die emotionale Intelligenz unserer Führungskräfte gesetzt. Sie mussten verstehen, in welcher Unsicherheit sich die neuen Mitarbeitenden befinden, und Empathie und Ruhe ausstrahlen. Es ging darum, nicht mit überbordendem Selbstbewusstsein aufzutreten, sondern die Menschen auf einer empathischen Ebene zu gewinnen.
Wichtig war auch, Veränderungen nicht einfach anzuordnen, sondern durch überzeugende Argumente zu erklären. Unsere Führungskräfte sollten in der Lage sein, mit guten Gründen darzulegen, warum bestimmte Dinge anders gemacht werden, um die Mehrheit der Mitarbeitenden auf eine positive Weise mitzunehmen.
Gibt es Bereiche, die du bei einer Integration nicht anfassen würdest?
Peter: Gibt es Bereiche, die du bei einer Integration nicht anfassen würdest?
Raphael: Ja, definitiv. Es gibt Gründe, warum diese Unternehmen erfolgreich waren, und einige ihrer Stärken sollten nicht verändert werden. Bei der Integration müssen wir genau prüfen, welche Faktoren zu ihrem Erfolg geführt haben und diese bewahren. Das ist ein sehr bedächtiger Prozess. Wir lassen viele Dinge so weiterlaufen, wie sie vor der Übernahme waren, weil sie gut funktionieren. Wichtig ist, dass wir von den Best Practices der anderen lernen und diese in das Gesamtunternehmen integrieren. Dabei braucht es Zurückhaltung und Offenheit, um die besten Methoden zu übernehmen, ohne den Erfolg der bestehenden Strukturen zu gefährden.
Wie würdest du den Erfolg einer Integration messen?
Peter: Wie würdest du den Erfolg einer Integration messen?
Raphael: Der Erfolg einer Integration wird primär anhand von Zahlen gemessen. Entscheidend ist, ob der Ertrag des Unternehmens ein bis eineinhalb Jahre nach der Akquisition gleich oder besser ist. Es geht um die Gesamtbetrachtung aller drei Unternehmen. Neben den Zahlen ist auch die menschliche Seite wichtig: Wie loyal sind die Mitarbeitenden zum neuen Gesamtkonstrukt? Welche Botschaften tragen sie nach außen? Langfristig zeigt sich der Erfolg daran, ob die Know-how-Träger weiterhin motiviert sind, am großen Ganzen mitzuwirken.
Peter: Raphael, vielen Dank für die spannenden Einsichten in die Integration und Zukäufe bei NITRADO.